Kaderlos in den Europacup: Skifahrer aus Unterwasser erhält
unerwartete Chance
Obwohl er keinen Kader-Status besitzt, startet Marco Fischbacher am Europacup-Rennen in Skandinavien.
Urs Huwyler, 29.11.2019, 05.00 Uhr
«Das war’s. Zumindest international», dachten im April nicht nur
sportinteressierte Toggenburger, als Skirennfahrer Marco Fischbacher aus
Unterwasser von Swiss-Ski ausgemustert und in den Ostschweizer
Regionalverband (OSSV) zurückgestuft wurde. «Ob ich weitermache oder nicht
hing bis zuletzt an einem dünnen Faden», erzählt das Alpin-Talent.
«Ohne Unterstützung wäre das Risiko auch finanziell zu
gross gewesen, eine weitere Saison mit ungewissem
Ausgang anzuhängen.»
Und nun bereitet sich der Abgeschriebene in Schweden mit dem B-Kader (unter
anderem Reto Schmidiger, Elia Zurbriggen, Sandro Simonet) auf die beiden
Europacup-Riesenslaloms vom 2. und 3. Dezember im norwegischen Trysil vor. «Ich
kann es selbst kaum glauben, was in den letzten Tagen abgelaufen ist. Als CKader-
Mitglied war es für mich immer ein Ziel, mich für die Rennen in Skandinavien
zu qualifizieren. Geschafft habe ich es nie. Jetzt ohne Kaderstatus bin ich dabei.
Eine verrückte Geschichte», freut und wundert sich der 22-jährige Alpine aus dem
SSC Toggenburg.
Wechsel der Skimarke als Erfolgsbasis
Den perfekten Saisonstart ausgelöst haben zwei FIS-Riesenslaloms in Zinal im
Wallis. Am ersten Tag wurde Marco Fischbacher hinter Klubkollege Josua Mettler
und Livio Simonet Dritter, die Revanche 24 Stunden später entschied der
Aussenseiter mit seinem Sieg im FIS-Rennen für sich (Mettler wurde siebter). «Für
den Skandinavien-Trip stand dem C-Kader ein Platz zur Verfügung. Ich hätte trotz
der beiden Podestplatz-Klassierungen nie gedacht, dass ich selektioniert und
dadurch den C-Kader-Leuten vorgezogen würde.»
Ein Grund für den Aufschwung war der Skiwechsel. Neu carvt der ehemalige
Davoser Sportschüler auf mit der Marke Stöckli durch die Tore. Dass sich die
Schweizer Firma für eine Zusammenarbeit mit einem möglicherweise ewigen
Talent entschied, erstaunte. «In einzelnen Läufen vermochte ich anzudeuten, was
ich kann. Dies dürfte für mich gesprochen haben», vermutet Fischbacher. An der
Elite-Riesenslalom-Schweizer Meisterschaft (13.) realisierte er im zweiten
Durchgang die zweitbeste Zeit. Ausgiebige Tests mit dem neuen Material gab es
nicht.
«Aber es passte von Beginn weg. Ich fühlte mich sofort
wohl und der Support ist sensationell. Mit dem Marken-
Wechsel habe ich wohl alles richtig gemacht.»
«Obwohl es sich derzeit», ist sich der Marcel Hirscher-Bewunderer bewusst, «um
eine Momentaufnahme handelt und wir erst anfangs Winter stehen.» Ein weiterer
Meilenstein auf dem Alleingang zurück war die Zusage, im nationalen
Leistungszentrum Davos trainieren zu können. Dazu fand er in der Firma Optrel
mit Sitz in Wattwil einen Kopfsponsor. «Irgendwie öffneten sich plötzlich einige
Türen. Mir wurde dadurch klar, dass es sich lohnt, nicht aufzugeben,
weiterzukämpfen. Die überraschend gekommene Skandinavien-Reise sehe ich als
ersten Lohn dafür. Ich war noch nie in Schweden und Norwegen. Die Eindrücke
sind unbeschreiblich.»
Sportlich macht sich Fischbacher keine Illusionen. Ein Spitzenplatz liegt ausser
Reichweite. Am Europacup werden auch Weltcup-Athleten am Start sein. «Sollte
ich im Schweizer Team unter den B-Kader-Leuten nicht abfallen, wäre dies bereits
ein Erfolg. Unabhängig davon kann ich den Rest der Saison ruhig angehen. Ich habe
bereits zwei positive Resultate vorzuweisen. Diese nehmen auch gegenüber den
Sponsoren und Ausrüstern Druck weg», betont der gute Kollege des sechsfachen
Juniorenweltmeisters Marco Odermatt.
Mit dem Weggefährten im gleichen Team starten
Der bereits medial gefeierte Nidwaldner Weltcup-Zweite und Dritte Odermatt war
dem einige Monate älteren Fischbacher immer einen Schritt voraus. Dass der
erfolgreichere Marco in der elften Saison von der Schweizer Firma Stöckli
ausgerüstet wird, war für den andern Marco kein Nachteil auf der Suche nach
einem neuen Ski-Ausrüster. Der Traum des Europacup-Fahrers wäre, irgendwann
wieder mit seinem Weggefährten im gleichen Team zu starten. So wie früher beim
Nachwuchs oder im C-Kader.
Comments